Der Grüne Salon — Erster Stegreif — Unsichtbares sichtbar machen
In diesem digitalen Sommersemester 2020 an der Bauhaus–Universität Weimar widmete sich das zweite Kernmodul der Professuren Bauformenlehre und Darstellungsmethodik dem Park an der Ilm in Weimar und der Salon–Kultur der Weimarer Klassik. Unter dem Titel „Der Grüne Salon“ entstand für die Architekturstudierenden eine Folge von sechs Stegreif–Entwürfen, welche jeweils ganz unterschiedliche Formen der Auseinandersetzung mit dem Welterbe suchten. Das gemeinsame Ziel war die Konzeption einer architektonischen Intervention und deren bauliche Umsetzung im Maßstab 1:1. Unter den Bedingungen der SARS–CoV–2–Pandemie wurden die verbindenden „Picknicks“ vom Park in den virtuellen Besprechungsraum und die abschließende Bautätigkeit in die heimischen Arbeitsräume der Studierenden verlagert. „Der Grüne Salon“ wurde, ebenso wie der aktuelle Architekturdiskurs ganz allgemein, vom Thema der Nachhaltigkeit gerahmt. Und so wurde der erste Stegreif von nachfolgender Argumentation eingeleitet:
Folgt man den Ausführungen von Lucius Burckhardt zur Unsichtbarkeit des Design (1980), so könnte man für die benachbarte Disziplin feststellen:Viel zu oft ist auch Architektur unsichtbar!
Da wir unsere Umwelt auch auf Grundlage der Sprache erfassen, unterteilen wir diese in benennbare und zumeist sichtbare Objekte. So werden bei der Gestaltung von Objekten die direkt benachbarten, funktional verknüpften Dinge zum bedingenden Kontext. In der Regel wird das größere System aus Bedingungen jedoch keiner kritischen Betrachtung unterzogen. Die benannte Problemstellung wird vielmehr einer möglichst direkten Lösung zugeführt, welche in das bestehende System einzubetten ist. Entstehende Lücken zum bedingenden Kontext werden wiederum im gleichen Verfahren rekursiv geglättet. Der Fokus bleibt klein. In dieser Nicht-Gestaltung der größeren Zusammenhänge, werden viele Probleme verschlechtert, manche gar nicht erst erkannt:
„Unsichtbares Design. Damit ist heute gemeint: das konventionelle Design, das seine Sozialfunktion selber nicht bemerkt. Damit könnte aber auch gemeint sein: ein Design von morgen, das unsichtbare Gesamtsysteme, bestehend aus Objekten und zwischenmenschlichen Beziehungen, bewußt zu berücksichtigen imstande ist.“ [1]
Auf die Architektur angewandt, bedeutet dies: die impliziten Folgen des Bauens sind nicht auf das Baufeld und dessen direkte Umgebung beschränkt. Wir müssen darüber hinaus denken und prüfen, ob die Summe unserer Einzellösungen ein sinnvolles und verantwortungsvolles Ganzes ergibt. Unsere Gewohnheiten des Bauens und Wohnens haben einen signifikanten Anteil an der globalen Erwärmung, [2] weshalb dieses Phänomen eine, wie von Lucius Burckhardt dargelegt, dringend zu bedenkende Bedingung der Architekturproduktion darstellen sollte.
So aktuell uns die Position von Burckhardt erscheinen mag, so müssen wir diese doch im historischen Kontext des erst entstehenden ökologischen Bewusstseins begreifen. Bei Burckhardt liegt der Fokus noch hauptsächlich auf den Verwicklungen unserer menschlichen Betriebsamkeit. Auch warnt er in seinen Ausführungen zu Landschaftsentwicklung und Gesellschaftsstruktur (1977) davor, den Menschen als Teil der Natur und Ökosysteme als selbstregulierende Prozesse zu begreifen. [3] Und doch zwingen uns die unterdessen gesammelten Erkenntnisse zur globalen Erwärmung diese Positionen neu zu bestimmen und unser tradiertes, anthropozentrisches Denken zu überwinden.
In „Ökologisch sein“ [4] lenkt der Philosoph Timothy Morton unsere Aufmerksamkeit auf jene Denkstrukturen, welche bereits seit Generationen unser Handeln leiten und in deren Konsequenz wir uns nunmehr in einem Massenaussterben globalen Ausmaßes wiederfinden. Unser Denken in Subjekt–Objekt–Dichotomien und der hierdurch entstehende Graben zwischen Kultur und Natur konstituiert einen Realitätsbezug, durch welchen wir unser Selbst als existenziell abgeschnitten von der uns durchdringenden Biosphäre erleben. Ein Bewusstsein für die ökologischen Folgen unserer Handlungen kann auf dieser philosophischen Basis nicht entstehen. Wenn also dieses traditionelle Denken die katastrophalen, ökologischen Probleme systematisch begründet und sie aus diesem Denken heraus vermutlich nicht zu lösen sind, so bedarf es neuer Denkstrukturen. Wir müssen den Stift wechseln, um neue Ideen skizzieren zu können.
Wir müssen den Stift wechseln, um neue Ideen skizzieren zu können.
In diesem philosophischen Zusammenhang kann die Objekt–Orientierte–Ontologie als grundlegend neue Strömung gesehen werden. Graham Harman (Professor an der Architekturschule SCI–Arc in Los Angeles) hat diese Spielart des „spekulativen Realismus“ mitbegründet und zu deren Anhängern auch Timothy Morton zählt.
Räumlich und zeitlich weit ausgedehnte Kopplungsmuster werden von Morton als Hyperobjekte [5] bezeichnet. Diese sind — wie auch die globale Erwärmung — dem menschlichen Maßstab entwachsen. Sie sind nur schwer individuell und nicht in Gänze erfahrbar. Der Mensch ist hier mit allen anderen Objekten gleichgestellt und nicht im Sinne des Kant’schen Subjekts über die Dinge erhaben. Jene Aspekte der Dinge, welche dem begrenzten Zugriff des Menschen zugänglich sind, können als Phänomen beschrieben und mit allen verfügbaren Kulturtechniken untersucht werden. Wir sind, der Logik des Quantenraumes folgend, stets Teil des Experiments. Die Dinge existieren aber auch außerhalb des menschlichen Zugriffs und haben ihrerseits jeweils eigene, ebenso unvollständige Zugriffsmodi auf andere Objekte. Eine absolute Deutungshoheit über die Realität gibt es nicht, da ontologisch alle Dinge als gleichberechtigt angesehen werden.
Morton versichert, dass es zu jenem ökologischen Sein nicht viel braucht. Wir sind bereits ökologisch.
Wir lassen zu, dass chemische Substanzen auf unseren Körper und unser Bewusstsein wirken (was auch immer das ist). Wenn wir mit Kindern spielen, verändert sich unser Hormonhaushalt. Wenn wir ein Steak essen, dann wird ein Teil des Weiderinds zu unserem Körper. Wenn wir es schaffen, dass uns ein Hund die Pfote reicht, dann haben wir eine gemeinsame Sprache mit einem genetisch nicht allzu fernen Verwandten gefunden, welche von anderen Vierbeinern nicht zwangsläufig verstanden wird.
Wir sind per se ökologisch. Wir haben nur zu lange in einer Weise gedacht, die uns diesen Umstand nicht hat erkennen lassen. Ebenso wie wir selbst, ist auch die von zu entwerfende Architektur be–dingt und der bauliche Kontext nicht von einer Linie scharf zu umreißen. Wie unhandlich und teils realitätsfern unsere tradierten Werkzeuge und Denkmuster im baulichen Kontext sind, lässt sehr treffend an der Sternbrücke im Park an der Ilm in Weimar veranschaulichen:
Was Teil des materiellen Welterbe ist, das ist u.a. nach Flurstücken definiert. Die Sternbrücke ist im Katasterplan als Verlängerung der Leibnitz Allee eine öffentliche Straße und daher vom Schutzstatus ausgenommen.[6] In der Konsequenz verliert die Ilm (und der mitgeführte Reflux städtischer Abwässer nach einem Unwetter) kurzzeitig den Welterbe–Status, wenn sie die Brücke und damit das Flurstück Nr. 219 durchfließt, nur um jenseits der Katasterprojektion wieder schützenswerter Landschaftsteil zu sein.
Eine wirkliche Auseinandersetzung im Sinne der Ökologie, wie sie von Morton skizziert wird, bedingt eine Auseinandersetzung mit der Realität jenseits unserer bisherigen Konzepte. Wir sollten das Baufeld nicht als Acker, sondern als durchdringendes, räumliches Feld betrachten.
Diese Argumentation skizziert neben dem überspannenden Nachhaltigkeitsdiskurs auch das rahmende Gerüst des ersten Stegreifes nach.
Unter dem Titel „Unsichtbares sichtbar machen“ wurde zunächst in Textarbeit die Geschichte des Parks an der Ilm, dessen Eingebundenheit in den Arkadien– und Vanitas–Mythos, sowie der Landschaftsbegriff nach Lucius Burckhardt untersucht. Ein Park–Spaziergang diente zur Veranschaulichung des Gelesenen. Anschließend wurden die Hintergründe der Salon–Kultur und die Ausdeutung von Zweckbestimmungen in der Architektur wiederum textlich untersucht. Gegenstand der abschließenden fotografischen Aufgabe war die Suche nach jenen großen, aber unsichtbaren Zusammenhängen, welche uns miteinander und mit den Dingen verbinden. Hierzu sollte ein Einzelbild oder eine Serie von bis zu drei Bildern selbst fotografiert und um einen Titel und eine Bildbeschreibung zu einem persönlichen Sujet ergänzt werden.
Die Ergebnisse dieser fotografischen Auseinandersetzung bildeten die ersten Ausstellungsinhalte für die kommunikationsstiftenden Architekturen, welche in nachfolgenden Stegreifen erst noch entworfen und gebaut werden sollten.
Studentische
Arbeiten
Info:
Endnoten:
Martin Schmidt ist wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Professur Bauformenlehre an der Bauhaus Universität Weimar. Im Sommersemester hat er als Tutor und Dozent einen Stehgreifentwurf im zweiten Kernmodul “Der Gründe Salon” des Bachelor-Architekturstudiums an der Universität durchgeführt.
[1] Edelmann, Terstiege. 2010. Gestaltung Denken – Grundlagentexte zu Design und Architektur. Basel. Birkhäuser, S.217
[2] Bauen und Wohnen sind in Deutschland für ein Drittel aller CO2–Emissionen verantwortlich:
www.bundesregierung.de/breg-de/themen/klimaschutz/klimafreundlich-wohnen-1672900 — 09.05.2020
[3] Burckhardt. 1980. Warum ist Landschaft schön? – Die Spaziergangswissenschaften. Kassel. Martin Schmitz Verlag. S. 31/32
[4] Morton. 2018. Ökologisch Sein. Berlin MSB Matthes & Seitz Verlag
[5] Morton. 2013. Hyperobjects – Philosophy and Ecology after the End of the World. Minneapolis. University of Minnesota Press
[6] www.whc.unesco.org/document/118578 — 21.04.2020
Der Grüne Salon — Erster Stegreif — Unsichtbares sichtbar machen
In diesem digitalen Sommersemester 2020 an der Bauhaus–Universität Weimar widmete sich das zweite Kernmodul der Professuren Bauformenlehre und Darstellungsmethodik dem Park an der Ilm in Weimar und der Salon–Kultur der Weimarer Klassik. Unter dem Titel „Der Grüne Salon“ entstand für die Architekturstudierenden eine Folge von sechs Stegreif–Entwürfen, welche jeweils ganz unterschiedliche Formen der Auseinandersetzung mit dem Welterbe suchten. Das gemeinsame Ziel war die Konzeption einer architektonischen Intervention und deren bauliche Umsetzung im Maßstab 1:1. Unter den Bedingungen der SARS–CoV–2–Pandemie wurden die verbindenden „Picknicks“ vom Park in den virtuellen Besprechungsraum und die abschließende Bautätigkeit in die heimischen Arbeitsräume der Studierenden verlagert. „Der Grüne Salon“ wurde, ebenso wie der aktuelle Architekturdiskurs ganz allgemein, vom Thema der Nachhaltigkeit gerahmt. Und so wurde der erste Stegreif von nachfolgender Argumentation eingeleitet:
Folgt man den Ausführungen von Lucius Burckhardt zur Unsichtbarkeit des Design (1980), so könnte man für die benachbarte Disziplin feststellen:Viel zu oft ist auch Architektur unsichtbar!
Da wir unsere Umwelt auch auf Grundlage der Sprache erfassen, unterteilen wir diese in benennbare und zumeist sichtbare Objekte. So werden bei der Gestaltung von Objekten die direkt benachbarten, funktional verknüpften Dinge zum bedingenden Kontext. In der Regel wird das größere System aus Bedingungen jedoch keiner kritischen Betrachtung unterzogen. Die benannte Problemstellung wird vielmehr einer möglichst direkten Lösung zugeführt, welche in das bestehende System einzubetten ist. Entstehende Lücken zum bedingenden Kontext werden wiederum im gleichen Verfahren rekursiv geglättet. Der Fokus bleibt klein. In dieser Nicht-Gestaltung der größeren Zusammenhänge, werden viele Probleme verschlechtert, manche gar nicht erst erkannt:
„Unsichtbares Design. Damit ist heute gemeint: das konventionelle Design, das seine Sozialfunktion selber nicht bemerkt. Damit könnte aber auch gemeint sein: ein Design von morgen, das unsichtbare Gesamtsysteme, bestehend aus Objekten und zwischenmenschlichen Beziehungen, bewußt zu berücksichtigen imstande ist.“ [1]
Wir müssen den Stift wechseln, um neue Ideen skizzieren zu können.
Auf die Architektur angewandt, bedeutet dies: die impliziten Folgen des Bauens sind nicht auf das Baufeld und dessen direkte Umgebung beschränkt. Wir müssen darüber hinaus denken und prüfen, ob die Summe unserer Einzellösungen ein sinnvolles und verantwortungsvolles Ganzes ergibt. Unsere Gewohnheiten des Bauens und Wohnens haben einen signifikanten Anteil an der globalen Erwärmung, [2] weshalb dieses Phänomen eine, wie von Lucius Burckhardt dargelegt, dringend zu bedenkende Bedingung der Architekturproduktion darstellen sollte.
So aktuell uns die Position von Burckhardt erscheinen mag, so müssen wir diese doch im historischen Kontext des erst entstehenden ökologischen Bewusstseins begreifen. Bei Burckhardt liegt der Fokus noch hauptsächlich auf den Verwicklungen unserer menschlichen Betriebsamkeit. Auch warnt er in seinen Ausführungen zu Landschaftsentwicklung und Gesellschaftsstruktur (1977) davor, den Menschen als Teil der Natur und Ökosysteme als selbstregulierende Prozesse zu begreifen. [3] Und doch zwingen uns die unterdessen gesammelten Erkenntnisse zur globalen Erwärmung diese Positionen neu zu bestimmen und unser tradiertes, anthropozentrisches Denken zu überwinden.
In „Ökologisch sein“ [4] lenkt der Philosoph Timothy Morton unsere Aufmerksamkeit auf jene Denkstrukturen, welche bereits seit Generationen unser Handeln leiten und in deren Konsequenz wir uns nunmehr in einem Massenaussterben globalen Ausmaßes wiederfinden. Unser Denken in Subjekt–Objekt–Dichotomien und der hierdurch entstehende Graben zwischen Kultur und Natur konstituiert einen Realitätsbezug, durch welchen wir unser Selbst als existenziell abgeschnitten von der uns durchdringenden Biosphäre erleben. Ein Bewusstsein für die ökologischen Folgen unserer Handlungen kann auf dieser philosophischen Basis nicht entstehen. Wenn also dieses traditionelle Denken die katastrophalen, ökologischen Probleme systematisch begründet und sie aus diesem Denken heraus vermutlich nicht zu lösen sind, so bedarf es neuer Denkstrukturen. Wir müssen den Stift wechseln, um neue Ideen skizzieren zu können.
In diesem philosophischen Zusammenhang kann die Objekt–Orientierte–Ontologie als grundlegend neue Strömung gesehen werden. Graham Harman (Professor an der Architekturschule SCI–Arc in Los Angeles) hat diese Spielart des „spekulativen Realismus“ mitbegründet und zu deren Anhängern auch Timothy Morton zählt.
Räumlich und zeitlich weit ausgedehnte Kopplungsmuster werden von Morton als Hyperobjekte [5] bezeichnet. Diese sind — wie auch die globale Erwärmung — dem menschlichen Maßstab entwachsen. Sie sind nur schwer individuell und nicht in Gänze erfahrbar. Der Mensch ist hier mit allen anderen Objekten gleichgestellt und nicht im Sinne des Kant’schen Subjekts über die Dinge erhaben. Jene Aspekte der Dinge, welche dem begrenzten Zugriff des Menschen zugänglich sind, können als Phänomen beschrieben und mit allen verfügbaren Kulturtechniken untersucht werden. Wir sind, der Logik des Quantenraumes folgend, stets Teil des Experiments. Die Dinge existieren aber auch außerhalb des menschlichen Zugriffs und haben ihrerseits jeweils eigene, ebenso unvollständige Zugriffsmodi auf andere Objekte. Eine absolute Deutungshoheit über die Realität gibt es nicht, da ontologisch alle Dinge als gleichberechtigt angesehen werden.
Morton versichert, dass es zu jenem ökologischen Sein nicht viel braucht. Wir sind bereits ökologisch.
Wir lassen zu, dass chemische Substanzen auf unseren Körper und unser Bewusstsein wirken (was auch immer das ist). Wenn wir mit Kindern spielen, verändert sich unser Hormonhaushalt. Wenn wir ein Steak essen, dann wird ein Teil des Weiderinds zu unserem Körper. Wenn wir es schaffen, dass uns ein Hund die Pfote reicht, dann haben wir eine gemeinsame Sprache mit einem genetisch nicht allzu fernen Verwandten gefunden, welche von anderen Vierbeinern nicht zwangsläufig verstanden wird.
Wir sind per se ökologisch. Wir haben nur zu lange in einer Weise gedacht, die uns diesen Umstand nicht hat erkennen lassen. Ebenso wie wir selbst, ist auch die von zu entwerfende Architektur be–dingt und der bauliche Kontext nicht von einer Linie scharf zu umreißen. Wie unhandlich und teils realitätsfern unsere tradierten Werkzeuge und Denkmuster im baulichen Kontext sind, lässt sehr treffend an der Sternbrücke im Park an der Ilm in Weimar veranschaulichen:
Was Teil des materiellen Welterbe ist, das ist u.a. nach Flurstücken definiert. Die Sternbrücke ist im Katasterplan als Verlängerung der Leibnitz Allee eine öffentliche Straße und daher vom Schutzstatus ausgenommen.[6] In der Konsequenz verliert die Ilm (und der mitgeführte Reflux städtischer Abwässer nach einem Unwetter) kurzzeitig den Welterbe–Status, wenn sie die Brücke und damit das Flurstück Nr. 219 durchfließt, nur um jenseits der Katasterprojektion wieder schützenswerter Landschaftsteil zu sein.
Eine wirkliche Auseinandersetzung im Sinne der Ökologie, wie sie von Morton skizziert wird, bedingt eine Auseinandersetzung mit der Realität jenseits unserer bisherigen Konzepte. Wir sollten das Baufeld nicht als Acker, sondern als durchdringendes, räumliches Feld betrachten.
Diese Argumentation skizziert neben dem überspannenden Nachhaltigkeitsdiskurs auch das rahmende Gerüst des ersten Stegreifes nach.
Unter dem Titel „Unsichtbares sichtbar machen“ wurde zunächst in Textarbeit die Geschichte des Parks an der Ilm, dessen Eingebundenheit in den Arkadien– und Vanitas–Mythos, sowie der Landschaftsbegriff nach Lucius Burckhardt untersucht. Ein Park–Spaziergang diente zur Veranschaulichung des Gelesenen. Anschließend wurden die Hintergründe der Salon–Kultur und die Ausdeutung von Zweckbestimmungen in der Architektur wiederum textlich untersucht. Gegenstand der abschließenden fotografischen Aufgabe war die Suche nach jenen großen, aber unsichtbaren Zusammenhängen, welche uns miteinander und mit den Dingen verbinden. Hierzu sollte ein Einzelbild oder eine Serie von bis zu drei Bildern selbst fotografiert und um einen Titel und eine Bildbeschreibung zu einem persönlichen Sujet ergänzt werden.
Die Ergebnisse dieser fotografischen Auseinandersetzung bildeten die ersten Ausstellungsinhalte für die kommunikationsstiftenden Architekturen, welche in nachfolgenden Stegreifen erst noch entworfen und gebaut werden sollten.
Studentische
Arbeiten
Info:
Endnoten:
Martin Schmidt ist wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Professur Bauformenlehre an der Bauhaus Universität Weimar. Im Sommersemester hat er als Tutor und Dozent einen Stehgreifentwurf im zweiten Kernmodul “Der Gründe Salon” des Bachelor-Architekturstudiums an der Universität durchgeführt.
[1] Edelmann, Terstiege. 2010. Gestaltung Denken – Grundlagentexte zu Design und Architektur. Basel. Birkhäuser, S.217
[2] Bauen und Wohnen sind in Deutschland für ein Drittel aller CO2–Emissionen verantwortlich:
www.bundesregierung.de/breg-de/themen/klimaschutz/klimafreundlich-wohnen-1672900 — 09.05.2020
[3] Burckhardt. 1980. Warum ist Landschaft schön? – Die Spaziergangswissenschaften. Kassel. Martin Schmitz Verlag. S. 31/32
[4] Morton. 2018. Ökologisch Sein. Berlin MSB Matthes & Seitz Verlag
[5] Morton. 2013. Hyperobjects – Philosophy and Ecology after the End of the World. Minneapolis. University of Minnesota Press
[6] www.whc.unesco.org/document/118578 — 21.04.2020