Der Park als tatsächlich realisierte Utopie, an dem die wirklichen Plätze innerhalb der Kultur repräsentiert, bestritten und gewendet werden.
10.-12. Juli 2023 Symposium im Park
Nicht nur die Klimakrise, sondern auch die Potenziale und Resonanzen digitaler Technik, Vernetzung und Gestaltung drängen aktuell zu einer Neuausrichtung unseres Umweltverständnisses. Das Symposium Heterotopie Ilmpark zielt darauf ab, indem es künstlerische und wissenschaftliche Positionen (aus Architektur, Urbanistik, Design und Medien- sowie Kulturwissenschaft) versammelt und in Austausch bringt. In künstlerisch forschender Weise orientiert es sich einerseits an der groß angelegten Initiative zum Neuen Europäischen Bauhaus, die einen übergreifenden kulturellen wie ästhetischen Wandel befragt. Zum anderen rückt es mit einem weit gefassten Heterotopie-Begriff die Dimensionen der Vielschichtigkeit und des Nebeneinanders in den Vordergrund. Entsprechend treten mit Blick auf die (Ver-)Ortung paralleler Wirklichkeiten auch unterschiedliche Umweltbegriffe zutage. Als räumlich-historische Diskussionsgrundlage für das Symposium dient der Park an der Ilm.
An ihm lässt sich nicht nur der Zugang zu (einer) neuen Umweltästhetik(en) schärfen, sondern das Sediment unterschiedlicher Natur/Kultur-Vorstellungen fassen und entsprechend diskutieren. Der dem UNESCO Welterbe zugehörige Ilmpark illustriert nicht nur die Gestaltungsparadigmen des Klassischen Weimars, sondern dient auch als Bezugs- und Knotenpunkt zu den ökologischen Gestaltungsansätzen am Staatlichen Bauhaus, die unter anderem in der Bauhaus-Ausstellung 1923 präsentiert wurden. Darüber hinaus kann der Park gegenwärtig als Brennglas für klimatische, wie gesellschaftliche Transformationen betrachtet werden. Das künstlerisch-gestalterische Rahmenprogramm des Symposiums knüpft an diese aktuellen Prozesse an und verfolgt vor allem die praktische und partizipative Suche nach einer neuen Umweltästhetik.
Ringvortrags- und Diskussionsreihe im Sommer 2020
„Zeige mir, wie Du nach der Natur malst, und ich werde Dir sagen, wer Du bist.“
Schönheit zu schaffen und zu lieben ist ein elementares Glückserlebnis. Eine Zeit, die nicht hiernach trachtet, bleibt visuell unentwickelt; ihr Bild ist verschwommen, und ihre künstlerische Manifestationen können uns nicht erheben.
„Jede Bewegung hat ihr eigenes Aussehen und ihre eigene Anziehungskraft. Wir müssen Design und Nachhaltigkeit miteinander in Einklang bringen. Aus diesem Grund werden wir eine neue Europäische Bauhaus-Bewegung anstoßen – einen Raum des gemeinsamen Gestaltens und der Kreativität, in dem Architekten, Künstlerinnen, Studenten, Systemwissenschaftler, Ingenieurinnen und Designer zusammenarbeiten, um diese Vision zu verwirklichen.“
„An dieser Stelle soll die These vorweggenommen werden, dass die gotischen und klassizistischen Monumente des Weimarer Parks der Intention Carl Augusts zufolge keine Flucht in ferne Wunschwelten evozieren, sondern für ein gegenwärtiges Miteinander verschiedener Stilformen stehen, die als "Konfigurationen der einen ästhetischen Moderne" aufzufassen sind.“
„Je mehr die Stadt an Ausdehnung zunahm und die bisher in der unmittelbaren Nähe des Stadtkerns gelegenen Gärten und sonstige Grünanlagen der Stadterweiterung und den Erfordernissen des Verkehrs zum Opfer fielen, desto größer wurde seine Bedeutung als “Lunge” der Stadt, zu deren kostbarsten Schätzen er gehört.“
Wolfgang Huschke: Die Geschichte des Parkes von Weimar, S. 178.
Verborgen blieb hinter dieser Erzählung bislang jedoch ein Ort, an dem die Bauhäusler und Bauhäuslerinnen Muße, Inspiration und einen Raum für Spiritualität fanden. Ein Ort der Kontemplation, der Geschichte und Illusion. Ein Kompensationsraum, um den traumatischen Auswüchsen der Technisierung zu entfliehen, ein Raum für Gemeinschaft zwischen Menschen in und mit der Natur. Dieses Paradies fanden die Bauhäusler und Bauhäuslerinnen im Park an der Ilm, dem alten Garten des goldenen Zeitalters. Ihnen wurde der Ort zur Heterotopie, zum Ausgangspunkt um erneut Vertrauen zu schöpfen und darüber eine neue Ästhetik zu wagen.
Aus dieser Perspektive öffnet sich der Park als genealogischer Raum eines epochenübergreifenden Naturdiskurses. Dabei tritt eine bislang unbeleuchtete Seite des historischen Bauhauses zu Tage: die Ökologische!
Davon losgelöst rückte der Park zuletzt in den Fokus der Stadtöffentlichkeit. Die Auswirkungen, des Klimawandels, Starkwetterphasen und Dürreperioden bedrohen zunehmend den wertvollen alten Baumbestand und bringen das Ökosystem des Parks empfindlich ins Wanken. Für die Weimarer Jugend wurde er in Corona-Zeiten zum nächtlichen Refugium. Wird sich das historisch konservierte Bild dieses Ortes weiterhin erhalten lassen? Oder ist ein Wandel längst überfällig? Finden wir den Park heute als Freilichtmuseum unserer romantisch verklärten Naturauffassung
oder als Ort, an dem wir unsere Begriffe hinterfragen, uns gar selbst neu begreifen können?
In welcher Medialität tritt der Park hervor? Welche Techniken werden zu seiner Bewirtschaftung gebraucht? Spricht uns dieser gestaltete Raum als Gesamtkunstwerk heute noch an?
Im Sommer 2020 wurde der Park zum Ort und Gegenstand, um diesen Fragen an der Bauhaus-Universität Weimar nachzugehen. Um konkrete Gestaltungsszenarien und denkmalpflegerische Ausrichtungen für diesen Teil des UNESCO-Welterbes zu diskutieren und ihn dabei gleichzeitig als Modell und möglichen Ausgangspunkt einer neuen Umweltästhetik zu imaginieren.
Die Ringvortrags- und Diskussionsreihe »Heterotopie Ilmpark«, sowie ein daran angeschlossenes Seminar wurden im Sommer 2020 zum universitären Forum, um den Gestaltungsprozess durch wissenschaftliche und künstlerische Beiträge zu begleiten.
Im Rahmen der diesjährigen BUGA wird die Klassik Stiftung Weimar ein Themenjahr im und über diesen Ort durchführen. Ausstellungen, künstlerische Interventionen, ökologische Experimentierräume und Veranstaltungen sollen die Wahrnehmung und das Erscheinungsbild des Parks hinterfragen und neu prägen.
Diese Seite will die verschiedenen Aspekte und Gedankenströme dieses Ortes spiegeln, den Diskurs darüber anstoßen, hinterfragen und neue Impulse setzen.
"Ein Ausstreuen der Saat über die ganze Welt. Ringsum wucherndes Unkaut. Oft blüht auch das Unkraut schön, sehr schön; aber es bringt nicht ein einziges Weizenkorn. Wir haben das Feld bestellt und einen Garten angeplanzt. Beides liegt vor uns, Kornfeld wie Garten fast entleert im Herbst. Andere als die Säer der Saat bringen die Ernte ein. Kinder haben alle Blumen des Gartens geplündert. Wir sehen das Stoppelfeld und das dürre Laub. Wir sehen den herrlichen Regen, der herabrauscht über uns, und sehen die herrliche Sonne, die vom Herbsthimmel strahlt."
Vorträge Diskussionen Notizen ↓
Den Auftakt der Vortragsreihe machten Dr. Hans-Rudolf Meier, Professor für Denkmalpflege und Baugeschichte, gemeinsam mit Dr. Jasper Cepl, Professor der Theorie und Geschichte der modernen Architektur. Zum Protokoll →
Der Park als Archiv, als Areal vielfältiger Schichten, geologischer Beschaffenheiten, Informationen und Tektoniken. Schnittstellen und Grenzen zwischen Geotechnik und Archivforschung erkundeten Prof. Dr. Jörg Paulus und Dr. Gunther Aselmeyer während eines digitalen Spaziergangs durch den Park. Zum Protokoll →
„Doch die Idee, alles zu akkumulieren, die Idee, eine Art Generalarchiv zusammenzutragen, der Wille, an einem Ort alle Zeiten, alle Epochen, alle Formen, alle Geschmäcker einzuschließen, die Idee, einen Ort aller Zeiten zu installieren, der selber außer der Zeit und sicher vor ihrem Zahn sein soll, das Projekt, solchermaßen eine fortwährende und unbegrenzte Anhäufung der Zeit an einem unerschütterlichen Ort zu organisieren – all das gehört unserer Modernität an.“
„An dieser Stelle soll die These vorweggenommen werden, dass die gotischen und klassizistischen Monumente des Weimarer Parks der Intention Carl Augusts zufolge keine Flucht in ferne Wunschwelten evozieren, sondern für ein gegenwärtiges Miteinander verschiedener Stilformen stehen, die als "Konfigurationen der einen ästhetischen Moderne" aufzufassen sind.“
Prof. Danica Dakić und Prof. Dr. Steffen de Rudder erörterten die Schönheit städtebaulicher Konfigurationen des Parks und kamen auf die bürokratischen Hürden zu sprechen, den öffentlichen Raum durch Kunst zu erweitern. Zum Protokoll →
Felix Klee über seinen Vater: "Im Winter betrachteten wir die kleinen Wasserhühner, die auf der gefrorenen Ilm wie ungeschickte Schlittschuhläufer häufig umkippten, im Sommer die unzähligen Singvögel, die Buntspechte, die Holztauben, und im Frühling konnte mein Vater mir die Namen der meisten Blumen nennen. Daneben erfreuten wir uns an den geschichtlichen Bauten und Denkmälern des Parks, an Goethes Gartenhaus, dem Dessauer Stein, dem Borkenhäusschen, dem Euphrosynenstein, dem Tempelherrenhaus, dem Schlangenstein, um nur einige zu nennen. Und sollten wir uns einmal verpasst haben, so zeichnete mein Vater an einer bestimmten Stelle vor der Ilmbrücke sein Signum mit dem Spazierstock in die Erde. zum Zeichen, dass er hier schon durchgegangen sei."
Zitiert aus: Rorbert Meyn & Wolfgang Kertsen: Paul Klee : Weimarer Jahre 1921 - 25, S. 14.
"Die Wende am Ende des 18. Jahrhunderts von der klassischen zur historizistischen Episteme prägt auch den Gartenraum bzw. kann das Motiv des Epochenumbruchs an der Gartenkunst bzw. der Gartendarstellung exemplifiziert werden. Der Garten wird zum Ort der Wissenschaft (Botanik) und zum Labor, abhängig vom Fortschritt der Ingenieurswissenschaften und der Landschaftsplaner. Außerdem wird der Gartenraum mehr und mehr ein öffentlicher Raum, der auch massenerzieherische Funktion erfüllt und mit der zunehmend städtischen Bevölkerung neue Protagonisten erhält."
Für Prof. Dr. Gerhard Lauer, Leiter des Digital Humanities Lab an der Universität Basel und Prof. Dr. Hansjörg Küster vom Institut für Geobotanik der Universität Hannover war der Ilmpark das Ziel einer geplanten Studienexkursion. Ihre interdisziplinären Ansätze im Schnittfeld von Biologie und Technologie erweitern das Bild des Parks in seiner historischen Gewachsenheit. Landschaft, ein Kompromiss? Zum Protokoll →
Für Prof. em. Dr. Gernot Böhme steht der englische Landschaftsgarten paradigmatisch für sein Verständnis einer neuen Naturästhetik. Sein Vortrag zu Goethes Naturverständnis, gehalten im Römischen Haus bot Anlass, eine bereits in den 80er Jahren angestoßene Auseinandersetzung in Hinblick auf diesen Ort zu konkretisieren. Zum Protokoll →
Der Ilmpark ist so eine klassische Schönheit würde ich sagen und es ist gut, wenn man seine Begriffe daran erstmal erprobt, auch durchaus unter dem Gesichtspunkt sozialer Naturwissenschaften: Wieviel menschliche Arbeit muss in diesen Park reingesteckt werden, damit er bleibt, was er ist? – Gernot Böhme im Gespräch am 10.06.2020
„Auch in der Ästhetik nimmt die Landschaftsgärtnerei und ihr Produkt, der englische Garten, eine Sonderstellung ein. Sie ist dadurch bestimmt, dass der englische Garten nicht in die Dichotomie von Kunst und Natur hineinpasst.“
Der Park als Bühne des öffentlichen Schauspiels, als Raum multimedialer Atmosphären und Stimmungen, Ort des gesellschaftlichen Miteinanders. Durch welche Techniken und Apparaturen entfalten der Park auch heute noch seine Wirkung? Und welche Akteure betreten die Bühne? Dr. Simon Frisch, Prof. Dr. Frank Eckardt und die Studentin Paula Holzhauer diskutierten diese Fragen aus der Perspektive ihrer drei Disziplinen. Zum Protokoll →
Dr. Alexandra Toland, Juniorprofessorin für Arts and Research, diskutierte mit den Lehrbeauftragten der Professur Darstellungsmethodik, Martin Schmidt, Dr. Luise Nerlich, Dr. Sabine Zierold, ökologische Aspekte in Hinblick auf die Erstsemesterentwürfe des Fachbereichs Architektur. Zum Protokoll →
Stefan Billeter:
Ökosystemdienstleistungen des Ilmparks
Bauhaus.Projekt im SoSe 2023:
10.-12. Juli 2023 Symposium im Park
Nicht nur die Klimakrise, sondern auch die Potenziale und Resonanzen digitaler Technik, Vernetzung und Gestaltung drängen aktuell zu einer Neuausrichtung unseres Umweltverständnisses. Das Symposium Heterotopie Ilmpark zielt darauf ab, indem es künstlerische und wissenschaftliche Positionen (aus Architektur, Urbanistik, Design und Medien- sowie Kulturwissenschaft) versammelt und in Austausch bringt. In künstlerisch forschender Weise orientiert es sich einerseits an der groß angelegten Initiative zum Neuen Europäischen Bauhaus, die einen übergreifenden kulturellen wie ästhetischen Wandel befragt. Zum anderen rückt es mit einem weit gefassten Heterotopie-Begriff die Dimensionen der Vielschichtigkeit und des Nebeneinanders in den Vordergrund. Entsprechend treten mit Blick auf die (Ver-)Ortung paralleler Wirklichkeiten auch unterschiedliche Umweltbegriffe zutage. Als räumlich-historische Diskussionsgrundlage für das Symposium dient der Park an der Ilm.
An ihm lässt sich nicht nur der Zugang zu (einer) neuen Umweltästhetik(en) schärfen, sondern das Sediment unterschiedlicher Natur/Kultur-Vorstellungen fassen und entsprechend diskutieren. Der dem UNESCO Welterbe zugehörige Ilmpark illustriert nicht nur die Gestaltungsparadigmen des Klassischen Weimars, sondern dient auch als Bezugs- und Knotenpunkt zu den ökologischen Gestaltungsansätzen am Staatlichen Bauhaus, die unter anderem in der Bauhaus-Ausstellung 1923 präsentiert wurden. Darüber hinaus kann der Park gegenwärtig als Brennglas für klimatische, wie gesellschaftliche Transformationen betrachtet werden. Das künstlerisch-gestalterische Rahmenprogramm des Symposiums knüpft an diese aktuellen Prozesse an und verfolgt vor allem die praktische und partizipative Suche nach einer neuen Umweltästhetik.
Ringvortrags- und Diskussionsreihe im Sommersemester 2020
„Zeige mir, wie Du nach der Natur malst, und ich werde Dir sagen, wer Du bist.“
„Jede Bewegung hat ihr eigenes Aussehen und ihre eigene Anziehungskraft. Wir müssen Design und Nachhaltigkeit miteinander in Einklang bringen. Aus diesem Grund werden wir eine neue Europäische Bauhaus-Bewegung anstoßen – einen Raum des gemeinsamen Gestaltens und der Kreativität, in dem Architekten, Künstlerinnen, Studenten, Systemwissenschaftler, Ingenieurinnen und Designer zusammenarbeiten, um diese Vision zu verwirklichen.“
„An dieser Stelle soll die These vorweggenommen werden, dass die gotischen und klassizistischen Monumente des Weimarer Parks der Intention Carl Augusts zufolge keine Flucht in ferne Wunschwelten evozieren, sondern für ein gegenwärtiges Miteinander verschiedener Stilformen stehen, die als "Konfigurationen der einen ästhetischen Moderne" aufzufassen sind.“
„Je mehr die Stadt an Ausdehnung zunahm und die bisher in der unmittelbaren Nähe des Stadtkerns gelegenen Gärten und sonstige Grünanlagen der Stadterweiterung und den Erfordernissen des Verkehrs zum Opfer fielen, desto größer wurde seine Bedeutung als “Lunge” der Stadt, zu deren kostbarsten Schätzen er gehört.“
Wolfgang Huschke: Die Geschichte des Parkes von Weimar, S. 178.
Verborgen blieb hinter dieser Erzählung bislang jedoch ein Ort, an dem die Bauhäusler und Bauhäuslerinnen Muße, Inspiration und einen Raum für Spiritualität fanden. Ein Ort der Kontemplation, der Geschichte und Illusion. Ein Kompensationsraum, um den traumatischen Auswüchsen der Technisierung zu entfliehen, ein Raum für Gemeinschaft zwischen Menschen in und mit der Natur. Dieses Paradies fanden die Bauhäusler und Bauhäuslerinnen im Park an der Ilm, dem alten Garten des goldenen Zeitalters. Ihnen wurde der Ort zur Heterotopie, zum Ausgangspunkt um erneut Vertrauen zu schöpfen und darüber eine neue Ästhetik zu wagen.
Aus dieser Perspektive öffnet sich der Park als genealogischer Raum eines epochenübergreifenden Naturdiskurses. Dabei tritt eine bislang unbeleuchtete Seite des historischen Bauhauses zu Tage: die Ökologische!
Davon losgelöst rückte der Park zuletzt in den Fokus der Stadtöffentlichkeit. Die Auswirkungen, des Klimawandels, Starkwetterphasen und Dürreperioden bedrohen zunehmend den wertvollen alten Baumbestand und bringen das Ökosystem des Parks empfindlich ins Wanken. Für die Weimarer Jugend wurde er in Corona-Zeiten zum nächtlichen Refugium. Wird sich das historisch konservierte Bild dieses Ortes weiterhin erhalten lassen? Oder ist ein Wandel längst überfällig? Finden wir den Park heute als Freilichtmuseum unserer romantisch verklärten Naturauffassung
oder als Ort, an dem wir unsere Begriffe hinterfragen, uns gar selbst neu begreifen können?
In welcher Medialität tritt der Park hervor? Welche Techniken werden zu seiner Bewirtschaftung gebraucht? Spricht uns dieser gestaltete Raum als Gesamtkunstwerk heute noch an?
Im Sommer 2020 wurde der Park zum Ort und Gegenstand, um diesen Fragen an der Bauhaus-Universität Weimar nachzugehen. Um konkrete Gestaltungsszenarien und denkmalpflegerische Ausrichtungen für diesen Teil des UNESCO-Welterbes zu diskutieren und ihn dabei gleichzeitig als Modell und möglichen Ausgangspunkt einer neuen Umweltästhetik zu imaginieren.
Die Ringvortrags- und Diskussionsreihe »Heterotopie Ilmpark«, sowie ein daran angeschlossenes Seminar wurden im Sommer 2020 zum universitären Forum, um den Gestaltungsprozess durch wissenschaftliche und künstlerische Beiträge zu begleiten.
Im Rahmen der diesjährigen BUGA wird die Klassik Stiftung Weimar ein Themenjahr im und über diesen Ort durchführen. Ausstellungen, künstlerische Interventionen, ökologische Experimentierräume und Veranstaltungen sollen die Wahrnehmung und das Erscheinungsbild des Parks hinterfragen und neu prägen.
Diese Seite will die verschiedenen Aspekte und Gedankenströme dieses Ortes spiegeln, den Diskurs darüber anstoßen, hinterfragen und neue Impulse setzen.
"Ein Ausstreuen der Saat über die ganze Welt. Ringsum wucherndes Unkaut. Oft blüht auch das Unkraut schön, sehr schön; aber es bringt nicht ein einziges Weizenkorn. Wir haben das Feld bestellt und einen Garten angeplanzt. Beides liegt vor uns, Kornfeld wie Garten fast entleert im Herbst. Andere als die Säer der Saat bringen die Ernte ein. Kinder haben alle Blumen des Gartens geplündert. Wir sehen das Stoppelfeld und das dürre Laub. Wir sehen den herrlichen Regen, der herabrauscht über uns, und sehen die herrliche Sonne, die vom Herbsthimmel strahlt."
Vorträge Diskussionen Notizen ↓
Den Auftakt der Vortragsreihe machten Dr. Hans-Rudolf Meier, Professor für Denkmalpflege und Baugeschichte, gemeinsam mit Dr. Jasper Cepl, Professor der Theorie und Geschichte der modernen Architektur. Zum Protokoll →
Der Park als Archiv, als Areal vielfältiger Schichten, geologischer Beschaffenheiten, Informationen und Tektoniken. Schnittstellen und Grenzen zwischen Geotechnik und Archivforschung erkundeten Prof. Dr. Jörg Paulus und Dr. Gunther Aselmeyer während eines digitalen Spaziergangs durch den Park. Zum Protokoll →
„Doch die Idee, alles zu akkumulieren, die Idee, eine Art Generalarchiv zusammenzutragen, der Wille, an einem Ort alle Zeiten, alle Epochen, alle Formen, alle Geschmäcker einzuschließen, die Idee, einen Ort aller Zeiten zu installieren, der selber außer der Zeit und sicher vor ihrem Zahn sein soll, das Projekt, solchermaßen eine fortwährende und unbegrenzte Anhäufung der Zeit an einem unerschütterlichen Ort zu organisieren – all das gehört unserer Modernität an.“
„An dieser Stelle soll die These vorweggenommen werden, dass die gotischen und klassizistischen Monumente des Weimarer Parks der Intention Carl Augusts zufolge keine Flucht in ferne Wunschwelten evozieren, sondern für ein gegenwärtiges Miteinander verschiedener Stilformen stehen, die als "Konfigurationen der einen ästhetischen Moderne" aufzufassen sind.“
Prof. Danica Dakić und Prof. Dr. Steffen de Rudder erörterten die Schönheit städtebaulicher Konfigurationen des Parks und kamen auf die bürokratischen Hürden zu sprechen, den öffentlichen Raum durch Kunst zu erweitern. Zum Protokoll →
Felix Klee über seinen Vater: "Im Winter betrachteten wir die kleinen Wasserhühner, die auf der gefrorenen Ilm wie ungeschickte Schlittschuhläufer häufig umkippten, im Sommer die unzähligen Singvögel, die Buntspechte, die Holztauben, und im Frühling konnte mein Vater mir die Namen der meisten Blumen nennen. Daneben erfreuten wir uns an den geschichtlichen Bauten und Denkmälern des Parks, an Goethes Gartenhaus, dem Dessauer Stein, dem Borkenhäusschen, dem Euphrosynenstein, dem Tempelherrenhaus, dem Schlangenstein, um nur einige zu nennen. Und sollten wir uns einmal verpasst haben, so zeichnete mein Vater an einer bestimmten Stelle vor der Ilmbrücke sein Signum mit dem Spazierstock in die Erde. zum Zeichen, dass er hier schon durchgegangen sei."
Zitiert aus: Rorbert Meyn & Wolfgang Kertsen: Paul Klee : Weimarer Jahre 1921 - 25, S. 14.
"Die Wende am Ende des 18. Jahrhunderts von der klassischen zur historizistischen Episteme prägt auch den Gartenraum bzw. kann das Motiv des Epochenumbruchs an der Gartenkunst bzw. der Gartendarstellung exemplifiziert werden. Der Garten wird zum Ort der Wissenschaft (Botanik) und zum Labor, abhängig vom Fortschritt der Ingenieurswissenschaften und der Landschaftsplaner. Außerdem wird der Gartenraum mehr und mehr ein öffentlicher Raum, der auch massenerzieherische Funktion erfüllt und mit der zunehmend städtischen Bevölkerung neue Protagonisten erhält."
Für Prof. Dr. Gerhard Lauer, Leiter des Digital Humanities Lab an der Universität Basel und Prof. Dr. Hansjörg Küster vom Institut für Geobotanik der Universität Hannover war der Ilmpark das Ziel einer geplanten Studienexkursion. Ihre interdisziplinären Ansätze im Schnittfeld von Biologie und Technologie erweitern das Bild des Parks in seiner historischen Gewachsenheit. Landschaft, ein Kompromiss? Zum Protokoll →
Für Prof. em. Dr. Gernot Böhme steht der englische Landschaftsgarten paradigmatisch für sein Verständnis einer neuen Naturästhetik. Sein Vortrag zu Goethes Naturverständnis, gehalten im Römischen Haus bot Anlass, eine bereits in den 80er Jahren angestoßene Auseinandersetzung in Hinblick auf diesen Ort zu konkretisieren. Zum Protokoll →
„Auch in der Ästhetik nimmt die Landschaftsgärtnerei und ihr Produkt, der englische Garten, eine Sonderstellung ein. Sie ist dadurch bestimmt, dass der englische Garten nicht in die Dichotomie von Kunst und Natur hineinpasst.“
Der Park als Bühne des öffentlichen Schauspiels, als Raum multimedialer Atmosphären und Stimmungen, Ort des gesellschaftlichen Miteinanders. Durch welche Techniken und Apparaturen entfalten der Park auch heute noch seine Wirkung? Und welche Akteure betreten die Bühne? Dr. Simon Frisch, Prof. Dr. Frank Eckardt und die Studentin Paula Holzhauer diskutierten diese Fragen aus der Perspektive ihrer drei Disziplinen. Zum Protokoll →
Dr. Alexandra Toland, Juniorprofessorin für Arts and Research, diskutierte mit den Lehrbeauftragten der Professur Darstellungsmethodik, Martin Schmidt, Dr. Luise Nerlich, Dr. Sabine Zierold, ökologische Aspekte in Hinblick auf die Erstsemesterentwürfe des Fachbereichs Architektur. Zum Protokoll →
Stefan Billeter:
Ökosystemdienstleistungen des Ilmparks